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HS: Politische Theorien des modernen Sozilaismus
WS 2003/2004
unter der Leitung von Prof. Dr. Lehnert


Refertat zum Thema:

Die revisionistischen Thesen Eduard Bernsteins

Materialien und Dokumente



Thesenpapier:

hier die endgültige Version des Papiers, das noch einige kleinere Änderungen (Rechtschreibung, Formulierung) erfahren hat.


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Präsentation:

und hier die Powerpoint Präsentation


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 »Das Ziel ist nichts, die Bewegung alles«

Diese Maxime derjenigen Richtung in der Arbeiterbewegung, die den Sozialismus nicht durch Revolution und Diktatur des Proletariats, sondern ausschließlich durch eine Politik der sozialen Reformen innerhalb einer parlamentarischen Demokratie erreichen wollte, wurde so erstmals von dem deutschen Politiker und sozialdemokratischen Theoretiker Eduard Bernstein in der Zeitschrift »Die Neue Zeit« (I, 1897/98, S. 556) formuliert. Für ihn war die Reform der kapitalistischen Verhältnisse das nahe liegende Ziel der Sozialdemokratie, statt Revolution wollte er ein friedliches Hineinwachsen in den Sozialismus. Heute werden diese Worte - losgelöst von ihrem ursprünglichen Sinngehalt - als tadelnder Kommentar verwendet, wenn Richtungsstreit und Strategiediskussion in einer politischen Gruppierung wichtiger geworden sind als die Erreichung des gesetzten Zieles und so statt Progression Stagnation eingetreten ist.

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001




Revisionismus -  Brockhaus


Revisionismus
[lateinisch] der, im weiteren Sinn Bemühungen, bestehende politische oder völkerrechtliche Verhältnisse zu verändern oder ideologische Positionen zu modifizieren; im engeren Sinn eine Richtung der internationalen Arbeiterbewegung, um 1900 entstanden, die zentrale Aussagen des Marxismus neu zu bewerten suchte. Bedeutendster Theoretiker des Revisionismus war E.Bernstein. Er stellte die von Marx prognostizierte Entwicklung des Kapitalismus (Verelendung des Proletariats, Konzentration des Kapitals, Verschärfung der wirtschaftlichen Krisen) infrage und setzte sich unter Hinweis auf die durch den Druck der Arbeiterbewegung erreichten Sozialreformen für Verbesserungen im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung ein

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001 (CD Rom Ausgabe)




Marx und Engels: Die Befreiung der Menschheit durch das Proletariat - Brockhaus

 Ihre größte Bedeutung erzielten die Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels auf dem Gebiet der Politik. In ihrem 1848 gemeinsam im Auftrag des »Bundes der Kommunisten« in London verfassten »Kommunistischen Manifest« vertreten sie die Auffassung, dass alle bisherige Geschichte der Menschen eine Geschichte des Kampfes von Klassen sei. In der Gegenwart der kapitalistischen Gesellschaft stehen sich zwei Klassen feindlich gegenüber: die Bourgeoisie, die die Produktionsmittel besitzt und von der Ausbeutung der Arbeiter lebt, und das Proletariat, das darauf angewiesen ist, seine Arbeitskraft zu verkaufen, um über den Arbeitslohn sein Leben zu erhalten. Marx und Engels gingen davon aus, dass die Arbeiterschaft im Klassenkampf immer mehr verarmt. Durch den Einsatz und die Weiterentwicklung der großen Industriebetriebe geraten dabei aber nicht nur die Proletarier untereinander in eine immer härtere Konkurrenz um die Arbeitsplätze; auch die Bourgeoisie verliert mehr und mehr die ökonomische Grundlage ihrer eigenen Existenz. Dieser Konflikt verschärft sich zunehmend, bis das Proletariat dazu übergeht, die Konkurrenz unter den Arbeitern durch die Gründung von Arbeiterassoziationen zu beenden und - durch eine revolutionäre Tat - das private Eigentum an Produktionsmitteln abzuschaffen, die Klasse der Bourgeoisie aufzulösen und auf diesem Wege allmählich die Menschheit vom Diktat des Klassenkampfs ein für alle Mal zu befreien: »An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft«, so heißt es im »Kommunistischen Manifest«, »mit ihren Klassen und Klassen-Gegensätzen tritt eine Association, worin die freie Entwicklung eines Jeden, die Bedingung für die freie Entwicklung Aller ist.«

Wie diese in die Zukunft weisende Perspektive deutlich werden lässt, legten Marx und Engels in ihrem Manifest nicht nur eine Theorie des politischen und ökonomischen Klassenkampfs vor. Ihre Überlegungen sind eingebettet in eine auch philosophisch begründete Theorie der Geschichte und des Menschen, den »historischen Materialismus«. Damit knüpften sie unmittelbar an die Geschichtsphilosophien der Aufklärung und des deutschen Idealismus an, insbesondere die Philosophie Hegels. Mit seiner Kritik an den so genannten »linken« Hegelkritikern wie David Friedrich Strauß, Bruno Bauer und Ludwig Feuerbach legte vor allem Marx die philosophischen Grundlagen für das Konzept eines »historischen Materialismus«. Dieser beanspruchte nicht nur, die Einsichten der traditionellen materialistischen Lehren, wie sie für Marx vornehmlich Feuerbach vertrat, einzulösen, sondern darüber hinaus auch die Hegelsche »Philosophie des Geistes« durch eine materialistisch gedeutete Theorie der Geschichte aufzuheben. Ansätze hierfür sah Marx schon bei den französischen Materialisten des 18. Jahrhunderts gegeben, etwa bei Claude Adrien Helvétius, der die sensualistische Erkenntnistheorie des englischen Philosophen John Locke zum Ausgangspunkt für eine Theorie gesellschaftlichen Handelns gemacht hatte. Das Spezifische des von Marx und Engels vertretenen »Materialismus« begegnet in dem von ihnen geprägten Begriff der »historischen Praxis«. Dieser Begriff knüpft an die Philosophie Kants an, der in seiner »Kritik der reinen Vernunft« gelehrt hatte, dass alle Objekte der menschlichen Erkenntnis durch den Verstand und seine Erkenntnisformen (die »Kategorien«) hervorgebracht werden.
Marx gab dieser erkenntnistheoretischen Einsicht Kants jedoch eine gesellschaftliche Wendung: Nicht der menschliche Verstand bringt die Objekte der Erkenntnis und die Gegenstände in der Natur hervor; sollen diese Gegenstände für den Menschen eine Bedeutung haben, so gehen sie aus einem mühsamen Prozess gesellschaftlich vermittelter Arbeit hervor. Arbeit erscheint dabei aber stets unter einem doppelten Aspekt: sie ist zum einen Ausdruck der gesellschaftlichen Lebensbedingungen von Menschen, die durch den Stand der Entwicklung der Produktivkräfte sowie der Produktions- und Eigentumsverhältnisse bestimmt sind; sie ist zum anderen auch ein unmittelbarer Austausch zwischen den Menschen und der sie umgebenden Natur. Für diesen zweiten Aspekt seines Arbeitsbegriffs gebrauchte Marx die Metapher eines »Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur«.

Diese philosophisch begründete Position des »historischen Materialismus« bildete den Hintergrund für die späteren Schriften von Marx und Engels, die sich ab der Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts immer stärker auf die Kritik der bürgerlichen Ökonomietheorie konzentrieren. Von ihrer philosophischen Grundeinstellung her motiviert ist beispielsweise ihre Kritik gegenüber den Ökonomen David Ricardo und Adam Smith. Während diese die Ökonomie der kapitalistisch bestimmten Marktwirtschaft als eine »naturgegebene Ordnung« interpretieren und daher nicht über sie hinausdenken konnten, ging es Marx und Engels darum, den Kapitalismus methodisch als ein geschichtlich entstandenes System in seinen inneren Widersprüchen so darzustellen, dass bereits die Ansätze zur Überwindung dieses Systems deutlich werden. Aus der »inneren Logik« des kapitalistischen Systems der Warenproduktion soll also zugleich dessen interner Widerspruch sichtbar gemacht werden. Ihre Methode, die sie der Hegelschen Dialektik entnahmen, nannten sie eine »innere Einheit von Darstellung und Kritik«. So dient beispielsweise auch die Wertlehre im ersten Band des von Marx 1867 vorgelegten Hauptwerks »Das Kapital« dem Nachweis, wie sich in der Ware und ihrem Wert auf dem Markt das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen vergegenständlicht und gegenüber den beteiligten Akteuren verselbstständigt. Aus diesem Prozess versuchten Marx und Engels die Selbstständigkeit der Wirtschaftsabläufe gegenüber dem gesellschaftlichen Handeln der Menschen verstehbar zu machen und zugleich zu kritisieren: nämlich als Ausdruck der Tatsache, dass im System der kapitalistischen Warenproduktion nur ein anonymer Markt und nicht ein gemeinschaftlicher Plan der Menschen die Regie führt. Nach dem Tode von Marx 1883 gab Engels die beiden Folgebände des Marxschen »Kapital« (1885 und 1894) heraus. Alle darin ausgeführten Theorien von Geld, Mehrwert und Profit haben die Aufgabe, die ökonomischen Voraussetzungen für die geschichtsphilosophische These vom notwendigen Zusammenbruchs des Systems des Kapitalismus zu klären.

Die von Marx und Engels vorgelegte philosophisch motivierte Rekonstruktion und Kritik der ökonomischen Theorien ihrer Zeit haben zu heftigen Kontroversen geführt: auf dem Gebiet der Philosophie und Gesellschaftstheorie ebenso wie in Debatten der Wirtschaftswissenschaften und der Politik. Diese Auseinandersetzungen sind auch heute noch nicht zum Abschluss gekommen. Im Zuge der ersten Auseinandersetzungen mit den Lehren Marx' und Engels' durch die sozialistische Bewegung bildete sich allmählich auch der Begriff des »Marxismus« aus; nachweisbar ist er erst ab 1872, und bezeichnet zunächst nur eine Gruppe innerhalb der sozialistischen Arbeiterbewegung, die den anarchistischen Auffassungen von Michail Bakunin widerstritt. Von Marx selbst überlieferte Engels in einem Brief vom 2./3. November 1882 an Eduard Bernstein den Ausspruch, dass dieser es ablehne, als »Marxist« bezeichnet zu werden. Durch die schulmäßige Ausarbeitung der Marxschen Theorie insbesondere in den Schriften des späteren Engels (zum Beispiel in seiner Schrift »Anti-Dühring« von 1878) entstand am Ende des 19. Jahrhunderts die parteioffizielle Lehre des »Marxismus«, die als Weltanschauung im Kampf der sozialistischen Bewegung um die politische Macht immer mehr eine ideologische Funktion annahm.

Prof. Dr. Dr. Matthias Lutz-Bachmann  
 
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001






Dialektik - Brockhaus

Dialektik
 [griechisch »Kunst der Unterredung«], logische Beweisführungstechnik; auch metaphysisches Seinsprinzip, so bei Platon und Hegel.ÿþ Zenon der Ältere wurde nach Aristoteles »Erfinder« der Dialektik, als er die innere Widersprüchlichkeit der Bewegung nachzuweisen suchte (Dialektik als Widerspruchsaufweis). Bei den Sophisten und der megarischen Schule (Euklid von Megara u.ÿa.) diente die Dialektik als intellektuelles Werkzeug der Streitkunst (Eristik) und der Scheinbeweise. Sokrates und Platon entfalten die Dialektik zur allgemeinen Methode der Wahrheitsfindung durch Überwindung widersprüchlicher Meinungen im Dialog; bei Platon wird sie zudem Zentralbegriff seiner Ontologie: Sie ist der Gang von der erscheinenden Realität zu den sie begründenden Ideen, bis hinauf zur Idee der Ideen, dem an sich Guten.ÿþ Vom Mittelalter bis zum 18.ÿJahrhundert war Dialektik vorwiegend Bezeichnung für die Logik insgesamt. Bei I.ÿKant ist Dialektik Ausdruck der Verwicklung der Vernunft in Widersprüche, weil sie allein aus sich heraus zu Erkenntnissen zu gelangen sucht, ohne sich auf Erfahrung stützen zu wollen (»transzendentale Dialektik«). Die heutige Bedeutung der Dialektik geht in erster Linie auf Fichte zurück, der sie als den durch Widersprüche zur Synthese fortschreitenden Gang des Bewusstseins verstand (dialektischer Dreischritt); bei G.ÿW.F. Hegel wurde die Dialektik (anknüpfend an Platons Seinsdialektik) zum wesentlichen Bestandteil eines umfassenden philosophischen Systems. Grundgedanke seiner Dialektik ist, dass jede Setzung (Thesis) mit innerer Notwendigkeit ihr Gegenteil (Antithesis) aus sich hervortreibt und dass sich beide in einer höheren Einheit (Synthesis) gegenseitig aufheben. Da nach Hegel Denken und Wirklichkeit zusammenfallen, ist die Dialektik das innere Bewegungsgesetz nicht nur der Begriffe, sondern auch des »wirklichen« Seins, besonders der geschichtlichen Welt; Dialektik wird damit zur Realdialektik. Die materialistische Interpretation der hegelschen Dialektik durch K.Marx wurde im System des dialektischen Materialismus (Marxismus) zum Bewegungsgesetz der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit, das F.Engels auch auf das Naturgeschehen (Naturdialektik) auszudehnen suchte. Im Rahmen des Neomarxismus strebte besonders J.-P. Sartre eine wissenschaftsmethodologische Grundlegung der Dialektik auf dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften an. Innerhalb der kritischen Theorie der Frankfurter Schule entwickelte T.W. Adorno die Lehre der negativen Dialektik, die sich gegen alle geschlossenen, auf Identitätssetzung beruhenden Systeme wendet und demgegenüber die unauflösliche Nichtidentität des Besonderen hervorhebt. Die Methode der Dialektik wurde häufig kritisiert und von K.Popper im Sinne der Trial-and-Error-Methode uminterpretiert.       

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001




Dialektik - Lexikon der Politik (Digitale Bibliothek Bd. 79)

Dialektik,


im Ggs. zur platonischen D. (dem Aufstieg zum höchsten Wissen) und der Kantschen D. (einer Grenzreflexion auf das Scheinwissen um die letzten metaphysischen Sinnfragen Gott, Welt, Seele, Freiheit) sind heute v.a. zwei Verständnisse von D. bedeutsam:

[1] D. als die Kunst des sokratischen Gesprächs, das im wiederholten Durchgang durch Frage, Antwort, Prüfung und Widerlegung eine Sache erörtert. Praktisch-polit. resultiert daraus ein bewegliches, mehr fragendes als antwortendes, kritisch prüfendes, den Widerspruch suchendes Denken;

[2] die Hegelsche D., die in einer umfassenden Theorie als die Bewegung des Absoluten begriffen wird, das sich geschichtlich mit den Theorien, Gesellschaften und Kulturen entfaltet, um in den Gestaltungen des subjektiven, objektiven und absoluten Geistes zu sich selbst zu kommen. Dabei bildet der Staat die höchste Form konkreter Sittlichkeit. D. wird zum identitären Dreischritt von These, Antithese (einfache Negation) und Synthese (doppelte Negation), die zugleich als »Aufhebung« eine neue, gegenüber dem Alten fortgeschrittene Position darstellt.

 Diese dialektische Logik und Geschichtsdeutung wird von Marx und dem Marxismus »materialistisch«, d.h. politökonomisch zur revolutionären D. gewendet, welche Klassengesellschaft und Staat in die klassenlose Gesellschaft, das entfremdete in ein neues ganzheitliches Menschsein aufhebt. Angesichts des Scheiterns dieser großen Theorien und ihrer Realisierungen werden bescheidenere Modelle aktuell, in denen D. wieder als offene begriffen wird oder sich als »negative Dialektik« (T. W. Adorno) der Rehabilitierung des vernachlässigten und unterdrückten Individuellen und Nichtstimmigen zuwendet.


 Dialektisch-kritische Theorien; Dialektischer Materialismus; Idealismus; Kritische Theorie; Band 2: Dialektik.

 Lit.: Adorno, T.W. 1966: Negative Dialektik, Ffm. Diemer, A. 1976: Elementarkurs Philosophie: Dialektik, Düss./Wien. Kimmerle, H. (Hrsg.) 1978: Modelle der Materialistischen Dialektik. Beiträge der Bochumer Dialektik-Arbeitsgemeinschaft, Den Haag. Röd, W. 21986: Dialektische Philosophie der Neuzeit, Mchn. (zuerst 1974). Simon-Schaefer, R. 1973: Dialektik. Kritik eines Wortgebrauchs, Stg.-Bad Cannstatt.

Ulrich Weiß

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Dialektisch-kritische Theorien,

gesellschaftskritische Theorien, deren gemeinsamer Ausgangspunkt Marx' Politische Ökonomie und Geschichtstheorie ist. Das dialektische Moment besteht in einer zunächst hegelianisch verstandenen Prozeßlogik, die in Widersprüchen (These - Antithese - Negation) und deren »Aufhebung« in einer fortschrittlicheren Position (Synthese als Negation der Negation) eine geschichtliche Selbstbewegung beschreibt. Das kritische Moment orientiert sich an deren Ziel - der Herstellung von Identität und Totalität als Zusichselbstkommen (des Geistes bei Hegel, des gesellschaftlichen Menschen bei Marx) - und analysiert aus dieser Perspektive die bestehenden Verhältnisse, ihre geschichtliche Genese und theoretische Reflexion. Dabei durchlaufen die d.-k.T. unterschiedliche, sich kritisch-reflexiv problematisierende Entwicklungsphasen. Die Marx-Engelssche Phase gilt der Analyse ökon. und klassenspezifischer Widersprüche in Kapitalismus und bürgerlicher Gesellschaft sowie der Erwartung der Aufhebung dieser Widersprüche in einer kommunistischen Revolution ( Kommunismus). Mit der Verhärtung der marxistischen Dialektik zum Dogma im Dialektischen und Historischen Materialismus und mit dem Scheitern des Real existierenden Sozialismus stellte sich für eine Kritische Theorie die Aufgabe, Dialektik wieder auf ihren nichtsystematischen, undogmatischen, kritischen Charakter hin zu öffnen. Eine solche kritische Dialektik führt zu gesellschafts- und ideologiekritischen Analysen, zum Zweifel an den großen Sinnkonstruktionen der Moderne und an der Möglichkeit gesellschaftsverändernder Praxis überhaupt (M. Horkheimer, T.W. Adorno). Demgegenüber sucht J. Habermas die kritische Dialektik in einer Theorie des kommunikativen Handelns und einem diskurstheoretischen Begründungsansatz neu zu beleben.

 Lit.: Kolakowski, L. 1977-79: Die Hauptströmungen des Marxismus. Entstehung - Entwicklung - Zerfall, 3 Bde., Mchn. Kritische Theorie.

Ulrich Weiß

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Dialektischer Materialismus,

die auf J. Dietzgen und G. Plechanow zurückführbare Bezeichnung wird seit Lenin zum Programmbegriff für eine marxistische Philosophie und Weltanschauung, die wesentlich auf F. Engels (sog. »Anti-Dühring«: 1878) basiert. Während der Historische Materialismus die ökon. fundierten Gesetzmäßigkeiten der geschichtlichen Entwicklung der Klassengesellschaften und ihrer ideologischen Überbaustrukturen formuliert, thematisiert der umfassendere d.M. allg. Gesetze der Natur, der Gesellschaft und des Denkens. Kernstück ist eine Theorie der Dialektik. Diese faßt die Bewegung der Materie und des Denkens in die Grundgesetze (1) des Umschlagens von Quantität in (neue) Qualität, (2) der Einheit und des Kampfes der Gegensätze, (3) der Negation der Negation (von Stalin nicht übernommen; beinhaltet Fortschritt zu Neuem und Beibehaltung des bewahrenswerten Alten). Der d.M., Theorie und Methode zugleich, wurde durch Lenin und Stalin zur Parteidoktrin (»Diamat«) und »proletarischen Weltanschauung« ausgebaut, die sich als offizielle Ideologie und Moment revolutionärer Praxis verstand. Die Kritik am d.M. heftete sich an dessen ontologische (raumzeitlich unendliche Materie) und erkenntnistheoretische (Abbild- und Widerspiegelungstheorie der Erkenntnis) Grundmotive, an seinen dogmatischen Charakter und seine polit. Instrumentalisierung. Im marxistischen Kontext führte der Rückgriff auf Marx' humanistisch geprägtes Frühwerk zu einer Kritik des d.M. als Ausdruck einer entfremdeten Gesellschaft und Politik.

 Lit.: Fetscher, I. 131968: Von Marx zur Sowjetideologie, Ffm. u.a. (zuerst 1956). Kolakowski, L. 1977-79: Die Hauptströmungen des Marxismus. Entstehung Entwicklung Zerfall, 3 Bde., Mchn. Wetter, G.A. 1952: Der dialektische Materialismus. Seine Geschichte und sein System in der Sowjetunion, Freib. Wetter, G.A. 1966: Dialektischer Materialismus, in: Kernig, C. D. (Hrsg.): Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft, Bd. I, Sp. 1212-1233.

Ulrich Weiß

S. 8227 (vgl. LexPol.Bd.7, S. 122 ff.)]




Marxismus - Brockhaus

Marxismus
 der, zusammenfassende Bezeichnung für die von K.Marx und F.Engels entwickelten philosophischen, politisch-sozialen und ökonomischen Lehren, im weiteren Sinn auch deren Interpretation und Weiterentwicklung.

Historischer Materialismus: Eine wichtige Quelle für den Marxismus ist die Philosophie G.W.F. Hegels und der »Linkshegelianer« (A.Ruge, B.Bauer, L.Feuerbach u.a.). Allerdings stellt Marx Hegel »vom Kopf auf die Füße«, das heißt, er interpretiert die idealistische Dialektik Hegels materialistisch: Der historische Prozess wird vom Widerspruch zwischen Produktivkräften (menschliche Arbeitskraft beziehungsweise Fertigkeiten, materielle Produktionsmittel) und Produktionsverhältnissen (soziale Organisationsformen, v.a. Rechts-, Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse) vorangetrieben. Zu diesem Widerspruch kommt es, weil die Menschen die Produktivkräfte ständig fortentwickeln, um ihre immer neu und erweitert entstehenden Bedürfnisse befriedigen zu können. Wenn die Produktionsverhältnisse nicht mehr der Entwicklung der Produktivkräfte entsprechen, kommt es zu gesellschaftlichen Krisen, die zur Revolution führen können, zur Ablösung der herrschenden, das heißt über die Produktionsmittel verfügenden Klasse und zu neuen Produktionsverhältnissen. Geprägt und abhängig von der gesellschaftlichen Basis, das heißt der jeweiligen Produktionsweise (Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte) und der sich daraus ergebenden Klassen- und Interessenlage, bildet sich ein politischer, juristischer, kultureller und religiöser Überbau, der mit der Basis in dialektischer Wechselbeziehung steht. Marx erklärte so den Wechsel der herrschenden Klassen, Gesellschaftsformationen und Denkepochen in der Folge: Urgesellschaft Sklavenhaltergesellschaft Feudalismus Kapitalismus Sozialismus Kommunismus. Bis zum Sozialismus ist nach Marx die Geschichte eine »Geschichte von Klassenkämpfen« (Klassenkampf), zu denen es immer wieder gesetzmäßig kommt; von da an soll bewusstes gesellschaftliches Handeln im Einklang mit den gesellschaftlichen Entwicklungsgesetzen entstehen. Diese Lehre wird allgemein als historischer Materialismus bezeichnet.

Bewertung des Kapitalismus: Konkretisiert ist die Lehre des Marxismus besonders an der geschichtlichen Epoche des Kapitalismus. Die Bourgeoisie als Vertreterin handwerklicher und sonstiger vorindustrieller kapitalistischer Produktionsweise löst den Feudaladel u.a. durch eine Revolution (z.B. die Französische Revolution) als herrschende Klasse ab und führt neue Produktionsverhältnisse in Form von Privateigentum an den Produktionsmitteln, gesellschaftlicher Arbeitsteilung, Geldwirtschaft und Befreiung der Leibeigenen und Hörigen ein, wodurch das Industrieproletariat entsteht und das Fabriksystem sowie die industrielle Produktion sich entwickeln kann. Während der Epoche des Kapitalismus basiert das Wachstum der Produktion auf Ausbeutung, indem sich die Kapitalisten den von den Arbeitern hervorgebrachten Mehrwert aneignen und damit die Erweiterung ihres Privateigentums durch »Akkumulation« betreiben. Zum Nachweis der Ausbeutung dient Marx die Arbeitswerttheorie, zu der er besonders durch D.Ricardo angeregt wurde. Im Kapitalismus wird die menschliche Arbeitskraft zur Ware. Sie wird von den besitzlosen Proletariern angeboten und hat die Eigenschaft, mehr Werte zu schaffen, als zu ihrer Reproduktion benötigt werden (Lebensmittel u.a.); der Kapitalist kann sich die Differenz zwischen produzierten Werten und Lohn, das heißt den Mehrwert, aneignen; also werden die Arbeiter nach Marx ausgebeutet. Die durch den unkontrollierten privaten Akkumulationsprozess und die im Marktsystem ungenügend koordinierte gesellschaftliche Arbeitsteilung in verstärktem Maße entstehenden ökonomischen Krisen (Konjunkturzyklen, ausgelöst durch »Überakkumulation« oder »Unterkonsumtion«, Verdrängung kleiner und mittlerer Unternehmen durch Großunternehmen, Sinken der aus dem Mehrwert entstandenen Profitrate), die noch dazu mit einer Verelendung des Proletariats durch Sinken des Lohns auf das Existenzminimum (Verelendungstheorie) einhergehen, würden gesamtgesellschaftliche Planung notwendig machen; die kapitalistischen Produktionsverhältnisse werden zum Hemmnis für die Produktivkräfte. Nach Marx hat das Industrieproletariat nach Bildung der ihm adäquaten Organisationsform nun die historische Mission, die politische und ökonomische Macht zu erobern und sozialistische Produktionsverhältnisse, besonders Kollektiveigentum und gesellschaftliche Planung, einzuführen. Erst nachdem diese Aufgabe im Rahmen der Diktatur des Proletariats erfüllt ist, kann im Kommunismus der Staatsapparat »absterben«.

Kontroverse Auslegungen: Sowohl die Vieldeutigkeit der Lehren als auch die Notwendigkeit zur Umdeutung, da Vorhersagen von Marx nur zum Teil eintraten (Ausbleiben oder Scheitern der Versuche einer sozialistischen Revolution nach dem Ersten Weltkrieg, besonders in den industriell höchstentwickelten Ländern, die Unhaltbarkeit der Verelendungstheorie), führten zu kontroversen Auslegungen, so zum Revisionismus, zu deterministischem Vertrauen auf das Wirken der Geschichtsgesetze (K.Kautsky), zum Austromarxismus; besonders lebhaft war die Marx-Diskussion und -Interpretation in den 1920er-Jahren (v.a. E.Bloch, G.Lukács, Karl Korsch [*1886, 1961]; von der Generallinie in der UdSSR abweichend auch Trotzki, Bucharin und die verschiedenen Rätebewegungen); sie bildete die Wurzel des seit 1945 entstandenen Neomarxismus und des Eurokommunismus.

Marxismus-Leninismus: Die Hauptströmung des Marxismus wurde jedoch der Marxismus-Leninismus. Dieser gründet sich auf die von W.I. Lenin vorgenommene Anpassung der Lehren von Marx und Engels an die sozialen und politischen Verhältnisse Russlands im frühen 20.Jahrhundert. Der Leninismus berücksichtigt über die Lehren des Marxismus hinaus den Eintritt des Kapitalismus in das Stadium des Imperialismus und vertritt die Lehre von der »ungleichmäßigen Entwicklung« der verschiedenen am kapitalistischen Weltmarkt teilnehmenden Gesellschaften. Während Marx annahm, dass die proletarische Revolution von den hoch industrialisierten Staaten Mittel- und Westeuropas ausgehen würde, behauptete und betrieb der Leninismus mit Erfolg den revolutionären Durchbruch in einem relativ rückständigen, agrarischen Land. Lenin formulierte darüber hinaus die Lehre von der »Partei neuen Typs«, die als »klassenbewusste Vorhut des Proletariats« die Führung und Erziehung der werktätigen Massen zu übernehmen habe. Durch die sowjetische Vormachtstellung in der Komintern wurde die Organisationstheorie Lenins lange Zeit für alle kommunistischen Parteien verbindlich. Die Nachfolger Lenins, v.a. Stalin, bauten den Marxismus-Leninismus zu einer Weltanschauungslehre mit dogmatischen Zügen und dem Anspruch auf Universalität und Wissenschaftlichkeit aus.

Dialektischer Materialismus: Neben die politisch-sozialen und ökonomischen Lehren wurde der systematisierte dialektische Materialismus gestellt, der v.a. auf Engels' Annahme einer »Dialektik der Natur« beruht. Nach dieser Lehre sind alle Erscheinungen der Welt materiell oder aus Materie hervorgegangen; zum philosophischen Materialismus tritt die Auffassung von der Entwicklung der Welt als ein Prozess, der sich ständig in Gegensätzen bewegt. Bestimmt wird dieser Prozess vom Gesetz des Umschlagens quantitativer Veränderungen in qualitative und vom Gesetz der Negation der Negation (entspricht der hegelschen Antithese und Synthese).

Neue Gesellschaftsmodelle: Mit der Entstalinisierung (1956) traten in den kommunistischen Staaten zunehmend Systemkritiker hervor, die eine Liberalisierung und zum Teil Ablehnung des Kommunismus und Marxismus forderten. Ein eigenes Gesellschaftsmodell mit Leitung der Produktion durch Arbeiterräte (Titoismus) wurde in Jugoslawien erprobt. Mao Zedong entwickelte eine neue Theorie der proletarischen Revolution (Maoismus). Auch andere kommunistische Parteien gingen zum Teil eigene Wege. Am Ende des 20.Jahrhunderts reduzierten sich die vom Marxismus abgeleiteten Gesellschaftsmodelle durch den faktischen Zusammenbruch des marxistisch-leninistisch begründeten real existierenden Sozialismus auf einzelne Ansätze des Neomarxismus und die Auseinandersetzung mit dem Stalinismus.                              

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001




Blanqui

Louis Auguste, französischer Sozialist und Revolutionär, *Puget-Théniers 7.2. 1805, Paris 1.1. 1881; war an den Aufständen von 1830 und 1848 führend beteiligt, ebenso 1871 an der Pariser Kommune; insgesamt 36 Jahre in Haft. Seine Anhänger, die Blanquisten, gingen 1901 im »Parti socialiste de France« auf.

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001

Diktatur des Proletariats

 ein von L.A. Blanqui 1837 geprägter, von K.Marx übernommener Begriff zur Kennzeichnung der Herrschaftsform des Proletariats in der Übergangsphase zwischen der proletarischen Revolution und der klassenlosen Gesellschaft. Im Marxismus-Leninismus galten der Einparteienstaat sowjetischen Typs und die Volksdemokratie als ihre Ausprägungen. Bei den Parteien des Eurokommunismus trat der Begriff in den Hintergrund.
 

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001





Eduard Bernstein

Voraussetzung des Sozialismus und Aufgaben der Sozialdemokratie

Hier ist das Vorwort des Buches, das als Grundlage des Referates dient. Es ist vielleicht zur Einführung in die Materie ganz nett. Ausserdem hat der Leser die Möglichkeit, seine Kentnisse der altdeutschen Schrift wieder zu reaktivieren.

Ich habe das Vorwort eingescannt. Das Ergebnis ist relativ dürftig, da ich versuchen musste, die Dateien relatv klein zu halten. Es liegt in zwei verschiedenen Formaten vor. Einmal als Adobe PDF und einmal in elf einzelnen Bilddateien (JPG). Ihr könnt wählen. Wer es gerne ausdrucken möchte, der lädt sich am besten die JPEG´s runter, die Qualität des Drucks ist wesentlich besser.


Hier die Bilder (Rechte Maustaste => "Ziel speichern unter" (iE)

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Und hier gibt es das beste Bildbetrachtungsprogramm der Welt (nur Windows)!

Und das für umsonst.





Literatur:

Grebing, Helga.
"Der Revisionismus. Von Bernstein bis zum Prager Frühling"
München, C. H. Beck, 1977


EDUARD BERNSTEIN
"Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie
Stuttgart 1921

Meyer, Thomas
Bernsteins konstruktiver Sozialismus
Berlin 1997

Friedmann, P.
Materialien zum Richtungsstreit in der deutschen Sozialdemokratie 1890-1917

Fenner, C
Zur Einführung in die Theorie des demokratischen Sozialismus
Köln, Frankfurt 1979

Heimann, H; Meyer, Thomas (Hrsg)
Bernstein und der demokratische Sozialismus
Berlin 1978

Meyer, Thomas
Demokratischer Sozialismus - soziale Demokratie

Meyer, Thomas [Hrsg.] 
Demokratischer Sozialismus - geistige Grundlagen und Wege in die Zukunft





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